Photovoltaik nahe Kapstadt – vom Plan, die südafrikanische Sonne als Energiequelle zu nutzen.

Jonathan Bach (30 Jahre alt) plant, in Südafrika Photovoltaik-Anlagen bauen zu lassen. Ich durfte ihn interviewen.

03.06.21 –

 

1) Frage: Kannst du dich bitte für die LeserInnen kurz vorstellen und deinen Werdegang skizzieren?

Jonathan: „Ich wurde 1991 in Wipperfürth geboren, bin in Engelskirchen aufgewachsen und wanderte mit meiner Familie nach Südafrika aus, als ich sechs Jahre alt war. Nachdem wir dort sechs Jahre lang gelebt hatten, sind wir wieder nach Deutschland zurückgekommen. Nach meinem Abitur am Aggertalgymnasium habe ich meinen Zivildienst in der Aggertalklinik in Engelskirchen gemacht und anschließend den Bachelor Maschinenbau in Aachen studiert. Vertiefend habe ich den Master „Luft- und Raumfahrttechnik“ studiert und begann nach meinem Studium 2018 bei einem großem Satellitenhersteller in Friedrichshafen zu arbeiten. Dort bin ich seitdem tätig.“

 

2) Frage: Du planst ja, Photovoltaik-Anlagen bauen zu lassen. Was ist Photovoltaik überhaupt und wie wird sie genutzt?

Jonathan: „An sich ist Photovoltaik die direkte Umwandlung von Sonnenlicht in nutzbaren Strom (bspw. über Sonnenkollektoren). Man kann sich das so vorstellen, dass Licht auf ein Paneel fällt und direkt im Anschluss die Umwandlung in Strom stattfindet. Das hat verschiedene Vorteile, unter anderem braucht man dann weniger aus dem öffentlichen Netz zu beziehen. Man versucht, autarker zu sein. 100% autark zu sein, ist jedoch nicht ratsam, da es teuer ist und man Großbatterien benötigt, die nicht umweltfreundlich sind. Es ist ebenso möglich, auch den Strom zu verkaufen.“

 

3) Frage: Wie bist du zum Thema Photovoltaik gekommen, hat sich das schon während deines Studiums abgezeichnet?

Jonathan: „Im Studium hatte ich theoretische Berührungspunkte. An Satelliten befinden sich bspw. auch Solarpaneele, die vom Prinzip her ähnlich wie die auf der Erde sind. Das Studium hat mir geholfen, die Herangehensweise an technische Probleme zu verstehen und durch die Inhalte traut man sich eher, technische Projekte in Angriff zu nehmen.“

 

4) Frage: Welches sind die Unterschiede und ggf. Gemeinsamkeiten sowie Vor-und Nachteile zu anderen Formen der Energiegewinnung (fossil versus erneuerbar)?

Jonathan: Fossile Energien nutzen Rohstoffe sowie Brennstoffe, die begrenzt sind. Die Verbrennung dieser Stoffe ist klimaschädlich. Kohle zum Beispiel ist günstig und es sind noch  Ressourcen vorhanden. Die Atomkraft ist da wesentlich teurer, an sich emissionsfrei, jedoch sind die Endlagerprodukte kritisch zu sehen und die Gefahr eines Gaus, wie in Fukushima ist real.

Wind und Wasser sind interessante Energieträger in Kombination. Die Sonne ist prinzipiell immer Trägerin der Energiegewinnung mit unterschiedlichen Schritten. Mit jedem Schritt mehr verliert man an Effizienz. Beim Solarstrom wird die Sonne quasi direkt angezapft. Eine Kombination aus erneuerbaren Energie (z.B. Wind und Wasser) und die Zwischenspeicherung in Batterien bei Nacht kann super sinnvoll sein. Ein weiterer Vorteil der Solarenergie ist die Energierückgewinnungszeit (energy-payback time) von 3-4 Jahren gegenüber konventionellen Anlagen. Die  Energierückgewinnungszeit bezeichnet die Zeit, die während der Benutzung benötigt wird, um den Energieaufwand der Herstellung wieder reinzuholen. Ganz klar ist natürlich auch der Vorteil von Photovoltaik, dass es praktisch eine unendliche Energiegewinnung durch die Nutzung von Sonnenstrahlen ist. Weiterhin ist diese Art der Energiegewinnung mittlerweile gut erforscht und Paneele sind im Preis gesunken, Batteriepreise werden wohl auch noch sinken.“

 

 

5) Frage: Du wirst nach Südafrika gehen, um Photovoltaik-Anlagen zu bauen. Kannst du uns erzählen, wie hier deine Pläne aussehen? Und wie bist du darauf überhaupt gekommen?

Jonathan: „In Südafrika herrscht derzeit eine Energiekrise. Es gibt ein Energie-Monopol und der Strommix ist extrem kohlelastig (viele Kohlekraftwerke, ein Atomkraftwerk). Hier werden im Schnitt 1kg CO2 pro kWh in die Luft abgelassen und das ist sehr viel. Das ist in vielen Schwellenländern das Problem. In Südafrika ist es zudem so, dass die Kohlekraftwerke den Bedarf an Energie nicht decken können. Ein Lösungsansatz ist es, die Kommunen nacheinander reihum abzuschalten, um die Kraftwerke nicht zu überlasten. So haben die Kommunen für mehrere Stunden am Stück zu verschiedenen Zeiten keinen Strom. Es gibt darüber hinaus auch viele Kohlekraftwerke, die generell Probleme machen. Regenerative Energien und Photovoltaik werden kaum genutzt. Das bedeutet, dass es in Südafrika ein unglaubliches Potential gibt. Ich war in den letzten Jahren des öfteren da, Südafrika ist meine zweite Heimat und mir ist aufgefallen, dass es dort kaum Solaranlagen gibt.

Ich habe deshalb eine Firma vor Ort gegründet und eintragen lassen und warte derzeit noch auf meine Arbeitserlaubnis, um sofort aktiv werden zu können.

Als Quereinsteiger in dem Bereich bin ich mit Bekannten vor Ort in Kontakt, die sich mit dort relevanten Themen auskennen. Beispielsweise arbeite ich eng mit einer Buchhalterin zusammen, die mir bei der Gründung der Firma geholfen hat. Ich habe mit ihr einen Businessplan erstellt, der an die lokalen Bedingungen angepasst ist. Der nächste Schritt wird sein, nach Stellenbosch zu ziehen, das ist eine Kleinstadt in der Nähe von Kapstadt. Da gibt es auch eine technische Universität, an die ich mich wenden werde. Anschließend ist geplant, ein Büro anzumieten und über Social Media Kunden zu akquirieren. Sobald wir dann Anlagen haben, schließen wir PPAs (Power Purchase Agreements), also bilaterale langfristige Stromlieferverträge. So können wir als Stromversorger beispielsweise Mehrfamilienhäuser günstiger als der hiesige Stromversorger mit Energie beliefern. Mieter müssten dann für die Anlagen nichts bezahlen, das werden stattdessen Investoren übernehmen. Ich habe für das erste Jahr einen Plan und danach wird sich zeigen, wie es läuft. Forschung oder Entwicklungshilfe sind weitere Ideen für die Zukunft.“

 

6) Frage: Ich habe gelesen, dass die Investitionskosten in eine Photovoltaik-Anlage im Vergleich zum einfachen Stromanschluss an das öffentliche Stromnetz relativ hoch seien, um beispielsweise den Strombedarf eines Vier-Personen-Haushalts zu erzeugen. Wie finanzierst du dein Projekt vor Ort?

Jonathan: „Ich habe ein gewisses Startkapital, möchte aber selbst gar keine Anlagen kaufen, das übernehmen dann die Kunden. Eine Anlage kann immerhin bis zu 10.000€ kosten. Ich designe lediglich mit und helfe, diese mit aufzubauen. Ich habe zudem auch eine Kooperation mit einer deutschen NGO. Man kann sich das wie einen Verein vorstellen, an den jeder spenden kann, der Photovoltaik Anlagen in Südafrika mitfinanzieren möchte. Es gibt Leasing- sowie Mietoptionen und die Möglichkeit, sich die Anlagen vollständig von ausländischen Investoren finanzieren zu lassen. Das Interesse von Südafrika ist da, das Problem sind die Mittel.“

 

7) Frage: Wo siehst du die Herausforderungen für dein Projekt und was könnten auch allgemein globale Herausforderungen für den Bau und die Nutzung von Photovoltaikanlagen sein?

Jonathan: „Für mein Projekt selbersind noch die verschiedenen Verträge eine große Herausforderung. Die Firma selbst ist bereits im Handelsregister vor Ort angemeldet, aber noch nicht aktiv. Außerdem ist die südafrikanische eine andere Mentalität als die deutsche. Ich bin da aber trotzdem zuversichtlich, dass es am Ende schon gut funktionieren wird.

Allgemein betrachtet, sind die Batterien eines der größten Probleme, da sie im Regelfall nicht umweltfreundlich sind. Es handelt sich meist um Lithium Ionen-Batterien. In alten chinesischen Bussen beispielsweise gibt es auch Batterien, die man „second-life-mäßig“ für Photovoltaik nutzen könnte. Die Speicherkapazität ist gegeben, insofern ist eine Wiederverwendung von guten Batterien möglich. Das wäre auch für mein Projekt äußerst interessant.

Die Hauptherausforderung der Photovoltaik ist aber, wenn die Sonne nicht scheint, nachts zum Beispiel, einen Zwischenspeicher mit effizienten Batterien zu nutzen.“

8) Frage: Es gibt auch kritische Stimmen, dass Photovoltaik gar nicht so nachhaltig sei. Ich habe gelesen, dass die Anlagen nach 20-25 Jahren nur noch etwa 80 Prozent ihrer ursprünglichen Leistung bringen und obligatorische Reparaturen anstehen. Außerdem sollen Anlagen Kadmium enthalten und Elektrosmog produzieren. Wie siehst du das?

Jonathan: „Kadmium ist in Dünnschichtzellen, in Siliciumzellen jedoch nicht vorhanden. Sand setzt sich hauptsächlich aus Siliciumdioxid zusammen. Das bedeutet, dass Paneele nach aufwändigem Verfahren aus Sand gewonnen werden können. Insofern sind diese Paneele sehr nachhaltig. Jedes System muss gewartet werden und 20-25 Jahre Laufzeit sind sehr viel. Wie schon oben angesprochen, ist die energy-payback time 3-4 Jahre.“

 

9) Frage: Welche konkreten Ziele verfolgst du mit deinen Plänen und wo willst du in 5-10 Jahren mit deinem Projekt stehen?

Jonathan: „Ich möchte erst einmal klein anfangen und mein Projekt überschaubar halten. Als Quereinsteiger ist es mir wichtig, Erfahrungen zu sammeln und bei Themen zu helfen, bei denen ich „Feuer löschen“ kann. Schön wäre es, wenn ich expandieren, Ballungszentren mit Strom beliefern, in Städten mit Büros präsent sein und ein landübergreifendes Netzwerk betreiben kann. Mir persönlich ist wichtig, den Kunden so zu bedienen, dass er einen sehr guten Service erhält.

Ich kann natürlich nicht genau abschätzen, wo ich in 10 Jahren stehen werde. Das liegt mit Sicherheit auch an meiner persönlicher Anpassungsfähigkeit. Das Potential in Afrika ist überwältigend. Insofern ist eine Vision von mir, auch die Nachbarländer mit Stromsystemen zu versorgen und eine Alternative zu staatlichen Monopolen anzubieten. Die Mentalitäten im südlichen Afrika sind sehr ähnlich. In Namibia zum Beispiel gibt es nicht so viele Abnehmer und in anderen Ländern ganz andere Herausforderungen, wie eine größere Armut. Da könnte man dann mit Entwicklungshilfen zusammen arbeiten und Mini-grids (kleine, autarke Energiespeichersysteme) für Kioskbesitzer zum Beispiel anbieten. Man braucht verlässliche Investoren und eine gute Infrastruktur. Ich bleibe vorerst bei meinen Plänen in Südafrika, ich bin dort aufgewachsen und möchte dem Land auch etwas zurückgeben. Außerdem möchte ich jetzt sehr gerne wieder dort leben und mein Projekt bzw. die Firma gibt mir einen Sinn, wieder hinzuziehen.“

 

10) Frage: Das hört sich auf jeden Fall vielversprechend an. Wie schätzt du denn die Chancen ein, dass die Nachfrage an Photovoltaik in Deutschland/global steigt? Gibt es hier lokal in Engelskirchen generell noch Potential an Photovoltaik und lohnt sich die Anschaffung einer Anlage sowohl für private Haushalte als auch für Unternehmen und Institutionen?

Jonathan: „Bei Solarunternehmen steht man monatelang auf Wartelisten, es sprießen immer mehr Solarfirmen aus dem Boden und ich denke, der Trend geht weiter. Die Klimakrise ist omnipräsent und wird die kommenden Jahre auch Thema bleiben. Unsere Generation ist in der Pflicht, sich um erneuerbare Energien zu kümmern und Solarstrom ist da eine sehr gute Wahl. Es ist noch alles in der Entwicklung; man forscht mit fokussiertem Licht etc. Es gibt also noch sehr viel Luft nach oben, einen wachsenden sowie globalen Markt und die Aufmerksamkeit ist da.

Hätte ich in Engelskirchen ein Haus, würde ich mir natürlich Solaranlagen auf dem Dach anbringen lassen aus den oben genannten Gründen. Und weil sich die Anlagen nach 9-12 Jahren amortisieren, was ja auch für Privatleute super ist.“

 

Fragestellerin: Vielen Dank für das sehr informative Interview. Ich wünsche dir viel Erfolg mit deiner Firma und alles Gute in Südafrika.