Freifließende Agger - Aggerkraftwerke Gmbh & CO.KG: "Zeichen stehen eher auf Expansion"

Als Reaktion auf den Ruf von BUND und Wassernetz-NRW nach einem frei fließenden Fluß und der Aufforderung an die NRW-Uweltministerin Heinen-Esser, die Anlagen zu erwerben um sie dann rückzubauen, nahm der Wasserkraftbetreiber, die Aggerkraftwerke GmbH & CO.KG Stellung. Man denke nicht ans Aufgeben - ganz im Gegenteil. Es würde sogar ein weiteres Kraftwerk, Osberghausen, im Juni in Betrieb genommen.

Tatsache ist, dass dieses Kraftwerk schon schon seit 1956 existiert, seit Jahren aber nicht in Betrieb ist. Die Aggerkraftwerke haben es jüngst erworben, nachdem die AggerEnergie einen Kauf abgelehnt hatten. Vom RWE errichtet, war es der vierte Eigentümerwechsel. Damit die Anlage in Betrieb gehen kann, muss zunächst eine Fischtreppe gebaut werden, die zu 50% vom Staat finanziert wird, die andere Hälfte wird über den Mitgliedsbeitrag des Betreibers beim Aggerverband finanziert. Der Bau der Fischtreppe hat noch nicht begonnen. Die Anlage Osberghausen kann mithin nicht, wie angekündigt, im Juni in Betrieb gehen.

Für die Anlagen Ohl-Grünscheid, die auf Grund einer Verfügung der Oberen Wasserbehörde ihren Betrieb wegen Gefahr im Verzug einstellen musste, sowie die Anlagen Ehreshoven I und Ehreshoven II kündigen die Aggerkraftwerke Investitionen von 6 Millionen Euro an. Dieses sollen den Austausch des maroden Segmentschützes des Wehrs Ohl-Grünscheid sowie Investitionen jeweils eines Maschinensatzes (Turbine und Generator) und die komplette Steuerung der Anlagen umfassen.

Tatsache ist, dass die Anlagen den für 2016 zu erbringenden Sicherheitsnachweis nach DIN19700 nicht erbracht haben. Die Inspektionsergebnisse, die man auf der Homepage der Bezirksregierung Köln einsehen kann, weisen die Werke mit "erheblichen Mängeln" aus, allein schon deshalb, weil der alle 10 Jahre zu erbringende Sicherheitsnachweis 2016 nicht erbracht worden ist. Welcher Investitionsbedarf sich für die Sanierung der maroden Anlagen ergeben wird, kann heute überhaupt noch nicht festgestellt werden. Dies wird erst der Fall sein, wenn nach Maßgabe der Sicherheitsüberprüfungen die Planfeststellungsverfahren, die auch die nach Wasserhaushaltsgesetz vorgeschriebenen Mindestwassermengen für das alte Aggerbett, die Duchgängigkeitsmaßnahmen und den Fischschutz beinhalten, abgeschlossen sind.

Wenn die Aggerkraftwerke von Wirkungsgradverbesserungen spricht, mit denen eine signifikante Erhöhung des Regelarbeitsvermögen verbunden sein würde, dann meinen sie damit, dass auch in Zeiten geringer Wassermengen in der Agger Strom produziert werden könnte. Momentan stehen die Anlagen still, weil die starken Turbinen die geringen Wassermengen nicht verarbeiten können. Früher behalf man sich in Trockenzeiten damit, dass das Wasser angestaut und dann eine Zeit lang durch die Turbinenen geleitet wurde. Dies hatte zur Folge, dass die Agger leer lief um dann plötzlich wieder vollzulaufen. Dies hatte natürlich für die Flussökologie verheerende Folgen und ist nicht mehr erlaubt.

Richtig ist, dass sich durch einen teilweisen Turbinentausch ein höherer Wirkungsgrad erreichen ließe. Als Orientierung können die Zahlen des RWE von 1983 dienen. Dort wurde die Jahresarbeit von allen sechs Engelskirchener Kraftwerken mit 11,32 Gigawattstunden angegeben. Die Zahlen des Landesamtes für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen weisen in der Potentialstudie Wasserkraft von 2017 7,79 Gigawattstunden aus. Der niedrigere Wert ist auf verschiedene Faktoren zurückzuführen: das Werk Osberghausen hat nicht gearbeitet und Schwallbetrieb im Ausmaß wie bis zum Anfang der achtziger Jahre fand nicht mehr statt. Inwieweit veränderte Wassermengen, Reperaturarbeiten oder andere Faktoren eine Rolle bei den veränderten Werten gespielt haben, kann hier nicht dargelegt werden.

Der entscheidende Faktor für die Wirtschaftlichkeitsbetrachtung aus Sicht der Aggerkraftwerke sind neben der Höhe der aufgezwungen Sanierungskosten für die Sicherheit der Anlagen die Kosten für die Mindestwassermengen für das Alte Aggerbett als Ausleitungsstrecke, die Durchgängkeitshilfen und den Fischschutz. Bei den Durchgängigkeitshilfen und die Mindestwassermengen waren die Aggerkraftwerke der Auffassung, dass ihre Anlagen, bis auf Osberghausen, über alte Rechte verfügen und sie mithin nicht diese im Wasserhaushaltsgesetz vorgeschriene Maßnahme zu erbringen hätten. Falls dann von der Bezirksregierung solche "Fischtreppen" gebaut würden, wären für die für die Stromerzeugung entgangenen Wassermengen Entschädigung zu zahlen.

BUND und Wassernetz sind der Auffassung dass das Wasserhaushaltgestz auch für Anlagen nach altem Recht gilt. Die Aggerkraftwerke müssten also die Wanderhilfen bauen und die notwendige Wasserdotation entschädigungslos zur Verfügung stellen. Demgegenüber hat der Betreiber 2014 angekündigt, dass er gegen ein solchen Bescheid der Oberen Wasserbehörde prozessieren und bis zur letzten Instanz gehen würde.

Um nicht missverstanden zu werden: BUND und Wassernetz-NRW wollen nicht, dass die Wasserkraftanlagen mit den ökologischen Vorschriften des Wasserhaushaltsgesetz ausgebaut werden. Sie wollen lediglich, dass die Kosten für die Maßnahmen nach Wasserhaushaltsgestz geklärt werden, damit der Betreiber sie in seine Kostenkalkulation einbezieht. Ein Ende der Wasserkraftnutzung an der Agger in Engelskirchen wäre die Folge. Und das ist auch gut so.

Aus Sicht von BUND und Wassernetz-NRW dürfen keinesfalls staatliche Förderungen in die Sanierung und Durchgängigkeitsmaßnahmen fließen. Auch die derzeitige EEG Förderung für die Stromgewinnung aus Wasserkraft, die besonders die kleinen Wasserkraftanlagen wie die an der Agger begünstigt, muss dringend reformiert werden. Zwar ist die Schaffung von regenerativer Energie in Zeiten des Klimawandels eine absolute Notwendigkeit. Mit der Windenergie und der Photovoltaik stehen inzwischen aber Technologien zur Verfügung, die weitaus kostengünstiger und effektiver sind. Der gegenwärtige jährliche Stromertrag der Engelskirchener Anlagen kann durch eine moderne Windkraftanlage produziert werden. Dabei muss immer gelten, dass generell Strom gespart werden muss und man nicht grenzenlos wachsen kann, sondern nachhaltig wirtschaften muss. 

Das übergreifende Argument für eine frei fließende Agger und gegen die Wasserkraftanlagen ist aber nicht deren Unwirtschaftlichkeit. Das Übergreifende Argument ist, dass eine frei fließende Agger ein enormer Zugewinn an Biodiversität wäre. Hier finden wir uns wieder in der von der EU-Kommission am 20 5. 2020 vorgestellten "EU-Biodiversitätsstrategie für 2030", die im Kapitel "Wiederherstellung von Süßwasserökosystemen" vorsieht, bis 2030 mindestens 25000 Flusskilometer wieder in frei fließende Flüsse umzuwandeln und im nächsten Jahr die zuständigen Behörden bei der Ermittlung von Standorten und der Mobilisierung von Finanzmitteln technisch beraten und unterstützen möchte.

Im Übrigen Frau Ministerin: Jeder Fisch, der bei Ihnen in Köln vorbeischwimmt muss in Zukunft unbeschadet nach Gummersbach schwimmen können!

 

Friedrich Meyer



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